Das Buch vom Himmel

Die letzten 10 Tage war ich (endlich) mal wieder richtig unterwegs, zuerst einmal ein paar Tage in Leipzig - dort habe ich an einen Workshop im Museum für Druckkunst im Rahmen des Busy Hands Festivals mit Dafi Kühne teilgenommen (TOLL!) und bin dann weiter nach Berlin gezogen, um dort mal auszuprobieren, ob Homeoffice nicht auch von Berlin aus gehen kann.

Und was soll ich sagen, es kann 😉.


Das waren sehr intensive Tage, ich habe mich nach der Arbeit mit Freundinnen getroffen und sehr sehr viel unternommen - neben dem Nachholbedarf an Austausch mit Freund*innen wollte ich auch meinen wirklich großen Nachholbedarf an Museumsbesuchen decken - das ist nicht ganz gelungen, ich hab nicht alle Ausstellungen geschafft, die ich gerne gesehen hätte, aber er ist doch ein wenig kleiner geworden…

Da ist natürlich Berlin gerade ein super dankbares Pflaster, die Neue Nationalgalerie hat nach 6 Jahren Renovierungsarbeiten wieder eröffnet und das neuerbaute Humboldt Forum ebenfalls. Also schon mal zwei ganz feste Adressen auf meinem Plan.

Daneben gab es eine fantastische Ausstellung im C/O, eine Lee Friedlander Retrospektive - das nur am Rande sonst komme ich nie zum eigentlichen Thema dieses Posts 🤣 - aber EXTREM sehenswert wie ich finde - geht noch bis 03.12.21.


Im Humboldt Forum sind gleich mehrere Museen untergekommen, unter anderem das Museum für asiatische Kunst.

Ich war von der Präsentation und der Vielfalt sehr angetan. Unter anderen gibt es auch einen Raum für Kalligraphie, und dort habe ich mich ganz besonders gefreut, einen Teil des ‚Book of the Sky‘ von Xu Bing zu finden. Ich bewundere diese Idee sehr und es ist doch etwas besonderes, wenn man das Werk dann mal ‘in echt’ sehen kann.

Für dieses Buch hat der Künstler in jahrelanger mühsamer Arbeit etwa 4000 Schriftzeichen entworfen, die zwar aussehen wie chinesische Schriftzeichen und wohl auch den gleichen Regeln folgen - aber völlig frei erfunden sind und auch keine Bedeutung haben. 
Diese Schriftzeichen hat er auch alle selbst aus Birnenholz geschnitten/geschnitzt - das alleine schon eine beeindruckende Leistung.

 
 

Wie so oft kann Ich gar nicht so ganz genau sagen, was das Faszinosum daran ist - als Europäerin könnte ich es ja ebenso nicht lesen, wenn es reale Schriftzeichen wären, aber der Gedanke, ein Buch vor sich zu sehen, das aussieht wie ein ganz normales Buch, mit allem was man so von einem Buch kennt, Kapitel, Überschriften, Text - und der Inhalt ist völlig unverständliche Sinnlosigkeit - grandios.

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Vielleicht einmal weil es mich in eine Zeit zurückversetzt, in der ich genau so auf Bücher geschaut habe, die Regeln erkennend aber, da ich das Lesen noch nicht gelernt hatte, nur die Formen bewundern und das Ganze eher als Bild zu sehen als als Text - etwas, was mir heute nur noch ganz ganz selten gelingt, auch die kleinsten Textfragmente werden entziffert, oder zumindest versuche ich es, ich kann gar nicht anders als Text auch als Text verstehen zu wollen.
Zum anderen fand ich gerade ganz aktuell am Freitag, dass es mir manchmal mit dem Leben an sich auch so geht, ich meine, die Struktur erkennen zu können und folgere daraus, dass ich dann wahrscheinlich auch den Sinn verstehen können müsste … aber entziffern kann ich es dann doch nicht…